Vorsicht an der Bahnsteigkante!
Ein Herzensprojekt nimmt weiter Fahrt auf
Auch an einem regnerischen Tag kann man sich sicher sein, Günter Hering, Werner Kotte und „Vereinshündin" Emma im Dichterviertel in Bad Liebenwerda anzutreffen. Genauer: auf dem Areal einer ehemaligen Sportanlage, etwas versteckt und sehr idyllisch am Rande der Kurstadt gelegen.
Was sie da machen? Hier stecken der ehemalige Karosseriebaumeister und der pensionierte Handwerksmeister viel Zeit, Kraft und Engagement in ihr Herzensprojekt: den Aufbau einer kleinen Waldeisenbahn und der dazugehörigen Rundstrecke. Eine Begehung des Geländes offenbart die bisherige Schwerstarbeit: 100 von geplanten 400 Metern Schiene sind verlegt, die noch fehlende Strecke wurde bereits begründet und man kann sich schon jetzt vorstellen, wie die Bahn dort einmal fährt. Dazu mussten zuvor der Beton und die baulichen Überbleibsel des Sportplatzes zurückgebaut werden. Ein Kraftakt, der einigen Pioniergeist erfordert und den die beiden technikbegeisterten Männer nicht ganz ohne Hilfe geschafft hätten.
Die Idee entstand am Biertisch
Aber von vorn. Die Idee zum Mammutprojekt Waldeisenbahn entstand um die Jahrtausendwende herum dort, wo noch die besten Ideen entstehen: am Biertisch. Initialzünder war und ist Günter Hering (64). Für ihn war das Fahrzeug- und Karosseriebauen nie nur ein Job, sondern eine Passion. Das merkt man ihm nicht erst auf Nachfrage an. Die Liebe zu Fahrzeugen jedweder Art im Allgemeinen und zu Eisenbahnen im Speziellen scheint tief verankert in ihm. Und so war die Idee geboren, einen Park mit mehreren Loks und einer Draisine für Familien, Bahnfreunde und die, die es werden wollen, entstehen zu lassen. Die Vorbereitungen dafür traf Günter Hering schon weit im Voraus. Die Handhebeldraisine mit ihren zwei Waggons ist allein sein Werk.
Richtig los ging es allerdings erst 2019. Als das eineinhalb Hektar große, städtische Grundstück zur Pacht angeboten wurde, musste die Gelegenheit beim Schopfe gepackt werden. Dies war der Startschuss für die Gründung des Vereins Waldeisenbahn Bad Liebenwerda e.V. 15 tatkräftige Mitglieder konnten seitdem akquiriert werden. „An drei weiteren sind wir dran", erzählt der zweite Vorsitzende Werner Kotte (68) enthusiastisch. Alle haben sie ein Ziel: etwas Bleibendes nicht nur für sich, sondern vor allem für die Allgemeinheit und kommende Generationen zu schaffen. Eine Heerschar an neugierigen Zaungästen gibt es zur Freude der beiden Senioren schon jetzt. Die Kinder der benachbarten Kita schauen gerne und sehr interessiert dabei zu, was nebenan passiert.
Immer neue Ideen
Das Ziel im Blick, gehen den Vereinsmitgliedern die Ideen dabei so schnell nicht aus. Während unablässig am Schienenausbau gearbeitet wird und vor Kurzem eine alte Diesellok am „Bahnsteig Dichterviertel" einziehen durfte, entsteht auf der Fläche dazwischen ein neuer Naturraum mit Streuobstwiese, Insektenhotel, Brunnen und Rastplatz. Ein Teich mit solarbetriebener Pumpe und ein Eidechsenhügel sind außerdem in Planung. „Wenn Menschen zusammenkommen, entstehen Ideen und Möglichkeiten", sagt Werner Kotte im Gespräch. Dabei benötigt es jedoch auch Unterstützung von außen. „Ohne Spenden und Unterstützung geht es nicht!", sagen die beiden Handwerker und sind sehr dankbar dafür, dass sich Sponsoren wie SpreeGas finden und sich für ihren Verein engagieren.
Öffnung der Bahn hoffentlich absehbar
Normalerweise hat die Bahnanlage schon jetzt von Ostern bis Oktober (jeden Samstag von 9-12 Uhr) geöffnet. Durch die Corona-Pandemie hat die Bahn derzeit geschlossen. Sobald es wieder möglich ist, wird der öffentliche Betrieb jedoch wieder aufgenommen. Auch soll es in Zukunft einen Tag der offenen Tür geben, an dem alle Interessierten und Bahnbegeisterten vorbeischauen und sich auf den neuesten Stand in Sachen Waldeisenbahn Bad Liebenwerda bringen können.