60 Jahre Obst- und Gartenbauverein Hohenleipisch
Von der zweitgrößten Kirsch- und Erdbeerregion der DDR bis zur Erhaltung der Kulturlandschaft
Mit einem zünftigen Fest am 27. August 2022 hat der Obst- und Gartenbauverein e.V. Hohenleipisch sein 60. Jubiläum gefeiert. Die Vereinsmitglieder hatten im Vorfeld das Vereinsgelände auf Vordermann gebracht und das Zelt festlich geschmückt. Am Ende feierten rund 85 Gäste bis in die Nacht hinein bei leckerem Essen, kulturellen Einlagen und einer Tombola, deren Preise von SpreeGas und anderen regionalen Firmen gestiftet wurden.
Natürlich durften an diesem Tag auch nicht die unter Eigenregie produzierten und aus heimischem Früchten gewonnenen Getränke fehlen. Neben leckeren Obstsäften ist das mittlerweile allerhand Prozentiges: Süßkirschwein, Edelbrände, Obstgeist, Birnencidre und seit neuestem auch einen Gin aus Hohenleipischer Süßkirschen. Eine echte Rarität. Etwa 300 Kilo sind in 50 Liter edlen Tropfen verwandelt und in Flaschen abgefüllt worden.
Zweigrößte Kirsch- und Erdbeerregion der DDR
Die Kirschen, Birnen und Äpfel stammen von teilweise 100-jährigen Bäumen, die auf Plantagen und Streuobstwiesen in und um Hohenleipisch stehen. Diese werden das ganze Jahr über von den 70 Vereinsmitgliedern gepflegt und kultiviert. Dabei müssen immer wieder Hürden wie zum Beispiel warme Witterung, Trockenheit und Schädlingsbefall bewältigt werden.
Außerdem setzt sich der Verein für die Erhaltung und Förderung dieser Kulturlandschaft ein. Denn der Obstbau in der Gemeinde in Elbe-Elster hat eine lange Tradition. Begonnen hat alles nach dem deutsch-französischen Krieg 1870/71, als ein gewisser Ley die ersten Kirschbäume anpflanzte. Anfang der 60er Jahre konnte die Bevölkerung der DDR nicht ausreichend mit Obst und Gemüse versorgt werden, daraufhin wurde die Gründung eines Vereins angeregt – 1962 war die Geburtsstunde des Obst- und Gartenbauvereins Hohenleipisch. In dieser Zeit bewirtschaftete der Verein sehr erfolgreich eine Nutzfläche von 54 Hektar und es wurden rund 3.000 Tonnen Erdbeeren und Kirschen im Jahr geerntet. Damit war die Gemeinde die zweitgrößte Kirsch- und Erdbeerregion der DDR.
Nach der Wende standen in Hohenleipisch noch rund 30.000 Obstbäume und der Verein hatte es nicht leicht mit der Vermarktung. Immer wieder brachen aufgebaute Vermarktungsstrukturen zusammen und es mussten neue Wege gefunden werden.
Verständnis für die Natur weiterreichen
Heute halten die 70 Vereinsmitglieder, allen voran eine starke Frauengruppe, das Interesse für heimischen Obst- und Gartenanbau am Leben. „Als Verein haben wir vielseitige Angebote für alle Bürger. Wir haben dank Fördermaßnahmen ein eigenes Vereinsgelände mit Gartenhaus, einen Traktor mit Pflegetechnik, Wasserwagen und Baumpflegegeräte für die Streuobstwiesen. Wir möchten auch ein Bestandteil des öffentlich kulturellen Lebens des Ortes bleiben, Veranstaltungen organisieren und das Interesse und Verständnis für die Natur weiterhin entwickeln“, so der Vereinsvorsitzende.
Dazu gehören Themenveranstaltungen vom Frühjahr bis zum Herbst, Baumschnittseminare und vor allem ein Obstankauf, der jedes Jahr rege von Bürgern aus der Umgebung genutzt wird. In diesem Jahr wurden bereits 10 Tonnen Äpfel, 2,5 Tonnen Birnen und 300 Kilogramm Kirschen als Lohnmost an die Firma Bauer Fruchtsaft GmbH übergeben.
Schülergarten und sortenreiche Streuobstwiese
Für die Nachwuchsgewinnung hat der Verein in den vergangenen Jahren auf seinem Gelände einen Schulgarten für die Klassen 1 bis 6 angelegt. Hier lernen die Kinder unmittelbar, wie Gemüse angebaut, gepflegt, geerntet und verarbeitet wird. Die Schüler entscheiden mit, was gepflanzt wird und haben anschließend die Aufgabe, sich um die Pflanzen zu kümmern. „In diesem Jahr war das Interesse der Schüler so groß, dass die 26 Kinder in zwei Gruppen aufgeteilt werden mussten“, erzählt Gert Anders.
Zudem wurden in Zusammenarbeit mit dem Naturpark Niederlausitzer Heidelandschaft auf Schauflächen 300 Obstbäume in 100 verschiedenen Sorten angepflanzt und zwischen Hohenleipisch und Kraupa errichtet. Diese Streuobstwiese mit einer größeren Sortenvielfalt gilt es weiterzuentwickeln und zu schauen, was unter den veränderten Bedingungen und klimatischen Einflüssen machbar ist. Gert Anders: „Die Natur muss durch Artenvielfalt, sinnvolle Bodenbepflanzung und -bedeckung wieder in ein Gleichgewicht gebracht werden.“